Pressemitteilungen Märkische Allgemeine, Lokalteil Granseer Tageblatt, 02.12.2003
 

(Mit diesem Artikel wurde an den 60. Jahrestag des Flugzeugabsturzes von G. Sinnecker erinnert - auszugsweise der Artikel)

Vor 60 Jahren: Wilde-Sau-Jäger stürzte in den Wald bei Fürstenberg

von Rüdiger Kaddatz

Mit dem Leben davon gekommen - Günther Sinnecker sprang aus getroffenem Flugzeug - Absturzstelle im Wald wiedergefunden

Die strategische Bombardierung feindlichen Gebietes gehörte vor dem 2. Weltkrieg nicht zur Taktik der kriegsführenden Parteien. Nach dem Zurückdrängen der britischen Armee bei Dünkirchen ...

Flogen die Bomber anfänglich einzeln und in kleinen Gruppen ein, so ging man allmählich dazu über, größere Bomberpulks von hundert und mehr Flugzeugen zusammenzustellen. Auf deutscher Seite wurden auf die  Bomberpulks zweimotorige Nachtjäger angesetzt, die mit großen Radargeräten vom Boden aus durch einen sogenannten Jägerleitoffizier an den Bomberpulk herangeführt wurden. Diese Art der Nachtjagd auf die RAF Bomber nannte man „Zahme Sau“. Die zweimotorigen Nachtjäger flogen zum größten Teil mit Zwei- oder Drei-Mann –Besatzungen. ...

Im Laufe des Krieges wurden die Bomberpulks immer größer, 500 Flugzeuge waren keine Seltenheit, es gab auch Angriffe mit über tausend Bombern. Durch die „Zahme Sau“ waren diese Bomberpulks nicht mehr effektiv zu bekämpfen. Auf deutscher Seite wurde die Taktik der „Wilden Sau“ entwickelt. Da nicht genügend zweimotorige Nachtjäger zur Verfügung standen, versuchte man die Bomber mit einmotorigen Jagdflugzeugen zu bekämpfen. Da in diesen Flugzeugen nur der Pilot saß, konnte das Flugzeug nicht an den Bomberpulk herangeführt werden. Die Bekämpfung der Bomber erfolgte über dem Zielgebiet. Die höherfliegenden Jäger der „Wilden Sau“ konnten nach dem Angriff der ersten Bomber-Welle die Siluetten der Bomber über den brennenden Städten sehen und griffen sie dann an. Oftmals fanden sie keinen geeigneten Landeplatz in der Dunkelheit und stürzten wegen Spritmangel ab. ...

Anders war es am 02. Dezember 1943. In der Nacht vom 02. zum 03. Dezember 1943 kurz vor Mitternacht startete die 5. Staffel des Jagdgeschwaders 302 in Husum, um einfliegende britische Bomber anzugreifen. Leutnant Günther Sinnecker war mit seiner Focke Wulf Fw 190 dabei. ... Plötzlich gab es einen scharfen Knall, und sein Motor lief in der Folge unrund. War es ein Flaktreffer, oder hatte ihn der Bomber entdeckt und beschossen? ... Also Fahrt drosseln, Steuerknüppel leicht anziehen, Haube abwerfen und den Steuerknüppel schlagartig nach vorne drücken....

Vor einiger Zeit erzählte uns Herr Sinnecker dieses Erlebnis, da wir, die Arbeitsgemeinschaft Fliegerschicksale Oranienburg, uns mit Flugzeugabstürzen aus dem 2. Weltkrieg im Norden Berlins befassen. Herr Sinnecker war noch im Besitz alter Fotos von damals, die dieses Ereignis dokumentierten. Mutig, wie wir waren, legten wir fest, dass wir die Absturzstelle finden. Den Mut nahmen wir von einem markanten Foto, das die Absturzstelle an einem ziemlich steilen, bewaldeten Hang mit einer Wiese davor zeigte. Eine Stelle, die mit Fleiß ...

Die topographische Karte von Fürstenberg und Umgebung im Maßstab 1:10.000 wurde beschafft und ein Suchplan erarbeitet. An mehreren Wochenenden suchten wir die in Frage kommenden Geländepunkte ab, mehrmals glaubten wir am richtigen Hang zu sein, es gab im flachen Land Brandenburg doch mehr Hügel als wir gedacht hatten, aber es war kein Aufschlagtrichter zu finden. Wieder einmal standen wir auf einer Wiese, die an einen sehr steilen, bewaldeten Hang grenzte. ...  Auf dem Grund eine dieser Mulden fanden sich auch Metallteile, hauptsächlich aus Aluminium. Es war also die Absturzstelle eines Flugzeuges. Es fand sich auch bald ein Teil mit einer RLM-Nummer, die die Wrackteile einer Fw 190 zuordnen ließen. ...

Tief bewegt erkannte Günther Sinnecker die Umgebung wieder, an der er vor so vielen Jahren mit dem Leben davon gekommen war....

 

zum Bildbericht G.Sinnecker

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung