Zwei Minuten vor dem Ziel abgeschossen
 

Die dreißig B-17 Bomber der 398. Bomber Gruppe flogen am Nachmittag des 10. April 1945 als "B-Group" des 1. Bomb Wing Oranienburg entgegen. Die 398. sollte als fünfte von zwölf Gruppen der 1. Air Division ihre Lasten über dem Ziel, dem SS-Feldzeugdepot in Oranienburg/ Sachsenhausen abladen.

Die McAfee-Crew flog in der B-17G, Serial No. 43-38853, N8-L, links außen in der Führungsgruppe. Die B-17 waren im direkten Bombenanflug und das Ziel war schon in Sicht, als aus der Sonne heraus vier Me-262 Düsenjäger auf den Verband einschwenkten. Sie griffen aus der "Sechs-Uhr-Position" (direkt von Hinten) an und feuerten mit Kanonen und Raketen auf den Führungsverband der Gruppe.

S/Sgt. Frank E. Lewis, der Bombenschütze der McAfee-Crew, bemerkte den Angriff der deutschen Düsenjäger zunächst nicht, weil er sich auf den bevorstehenden Bombenabwurf konzentrierte. Er spürte nur, wie eine Erschütterung durch das Flugzeug ging. Dann krachte es rechts neben ihm und er sah, wie der rechte innere Motor des Bomber an ihm vorbeischoss und dann nach unten fiel. Einen Augenblick später sah er die Me-262, die den Bomber angegriffen hatte, unter sich wegfliegen, den deutschen Piloten konnte er genau erkennen. Dieser Angriff erfolgte um 14.47 Uhr, zwei Minuten bevor die 398.BG ihr Ziel erreicht hatte.

Lewis warf sofort die Bomben ab und hastete zu Ausstiegsluke. Er öffnete die Notverriegelung der Luke und wurde mit ihr aus dem Bomber gezogen. Als er den Fallschirm geöffnet hatte, konnte er sich etwas genauer umsehen und bemerkte vier weiter Fallschirme in einiger Entfernung. Der Rest der Besatzung war mit dem Bomber in die Tiefe gegangen und getötet worden. In einigen tausend Fuß Höhe bemerkte Lewis, dass er von unten beschossen wurde. Als er den Boden erreicht und sich aus den Fallschirmgurten befreit hatte, rannte er Deckung suchend davon. Zu seinem Glück bemerkte er Soldaten, die in seine Richtung gelaufen kamen. Er ergab sich ihnen sofort. Lewis wurde in ein nahes Bauergehöft gebracht, dort hatte er ein für ihn unvergessliches Erlebnis mit zwei deutschen Mädchen, deren Interesse für ihn größer war, als die Furcht vor dem "Terrorflieger". Später hat Lewis erfahren, dass einem seiner Kameraden, der auch den abstürzenden Bomber hatte verlassen können, nicht so ein Glück vergönnt war. Der Heckschütze Max W. Paxton konnte nur noch tot geborgen werden.

Gegen Abend brachten ihn die Soldaten dann nach Berlin Tempelhof, wo er einige Tage bei guter Behandlung verbrachte. Nach etwa fünf Tagen bekam er, zu seiner Freude, Gesellschaft in Form eines amerikanischen Jagdfliegers. Dieser Mann war Capt. Richard Tracy, der bei Schönwalde mit seiner Mustang abgeschossen worden war (siehe Mustang-Schönwalde). Die beiden Männer wurden am nächsten Tag nach Luckenwalde gebracht. Als später auch noch Joe Peterburs zu ihnen stieß, beschlossen sie bei einer günstigen Gelegenheit zu fliehen, was ihnen  auch gelang, da eine scharfe Bewachung des Lagers gegen Kriegsende faktisch nicht mehr bestand. Kurz nachdem sie eine Einheit der Roten Armee getroffen und sich ihnen angeschlossen hatten, wurden sie bei den Kämpfen getrennt.

 

Frank E. Lewis lebt heute in Mobile, Alabama. Er hat erst nach 57 Jahren wieder etwas von Joe Peterburs gehört.

 

 

 

 

Die McAfee-Crew

     Besatzung                 Name                        aus  Status         Grablage
Pilot 2/Lt. James W. McAfee Palmyra, Indiana   KIA            USA
Co-Pilot 2/Lt. Donald J. Jones Perrysville, Pennsylvania   KIA   Ardennen B/25/6
Navigator 2/Lt. Burton H. Roth New York, New York   KIA            USA
Bombenschütze S/Sgt. Frank E. Lewis Macon, Georgia   POW               -
Bordmechaniker T/Sgt. Arthur J. Roit Philadelphia, Pennsylvania   KIA            USA
Bordfunker T/Sgt. Paul Krup Cleveland, Ohio   POW               -
MG-Schütze Sgt. Felix H. Tichenor Evansville, Indiana   KIA   Ardennen B/37/9
MG-Schütze Sgt. Haskell Boyes Rittman, Ohio   POW               -
Heckschütze S/Sgt. Max W. Paxton Crawfordsville, Indiana   KIA  Ardennen B/16/20
R.C.M. (?) S/Sgt. Robert W. Engard Glenside, Pennsylvania   KIA            USA

 

 

Co-Pilot 2/Lt. Donald J. Jones

 

Heckschütze S/Sgt. Max W. Paxton

MG-Schütze Sgt. Felix H. Tichenor

Quellen: Bericht Frank E. Lewis, 398th Bomb Group Mission Report 10. April 1945

Fotos: Frank E. Lewis, AG Fliegerschicksale Oranienburg